Enttäuschung und Trauer über einen Bürowechsel oder über Projekte, die abgesetzt werden?

Sollte diese Trauer einen Platz im Unternehmen haben?

Viele denken sicherlich: Nein. Es geht doch weiter mit neuen Ideen, Projekten und ein Schreibtisch steht auch in einem anderen Büro.

Ich bin überzeugt: Trauer hat definitiv seine Berechtigung. Alle Führungskräfte und Teams sind gut beraten, genau diese Trauer zuzulassen und ebenso Abschiedsrituale einzuführen. Warum?

Vor einigen Wochen begegnete mir in einem Supervisionsprozess genau diese Trauer: die bisherige Sitzordnung der Schreibtische wurde aufgelöst, es gab neue Zuordnungen und Schreibtische, die mit Kolleg:innen ab sofort geteilt werden. Die Veränderung war angekündigt, keiner hatte einen Einwand, die Veränderung wurde durchgeführt. Also alles gut.
Oder auch doch nicht. Denn in der Supervision wurde auf einmal darüber diskutiert, dass die Ankündigung nicht klar war, überraschend kam, und sich viele unwohl fühlten – sie hingen an den alten Plätzen, konnten sich nur schwer auf die neue Ordnung einlassen – waren quasi im Widerstand -, da es zu schnell, zu sachlich ging und es eine Art Bindung und gefühlte Besitzansprüche zu der alten Sitzordnung gab.

Im Nachhinein las ich den Artikel „Unbeachtete Bindungen“ von Dr. Nico Rose im managerSeminare und fand Bestätigung, dass es auch Bindungen zu Objekten gibt.

Wie sollten wir als Führungskraft, Mitarbeitende und/oder im Team mit dieser Trauer umgehen?

Einige Impulse und Gedanken, auch aus dem Artikel:

– Trauer ernst nehmen und besprechen
– Berücksichtigen, dass die Planer der Veränderung Zeit hatten, sich auf die Veränderung einzustellen, sich die Betroffenen im Zweifel überrollt fühlen, da sie wenig/keine Zeit hatten, sich auf die Veränderung einzustellen
– Berücksichtigen, dass es schwer fällt, sich auf Neues einzulassen, wenn die Haltung existiert: ab heute gilt das Neue und für das Alte gibt es keine Wertschätzung, insb. wenn Mitarbeitende maßgeblich für das Alte verantwortlich waren. Selbst wenn wir wissen, dass das Neue besser ist, hängen wir an dem Alten, dass nicht nur schlecht war.
– Abschiedsrituale einführen, damit es ein zeitliche Strukturierung in Vorher und Nachher gibt und keine Energie beim Alten gebunden wird. Rituale helfen, loslassen zu können, damit danach der Kopf frei ist für neue Ideen und mit Energie das Neue angenommen oder umgesetzt wird.

Kommende Woche gebe ich ein Führungskräftetraining, bei dem es um Veränderungen geht. Definitiv werde ich diese wichtigen Themen Trauer und Abschiedsrituale einbinden, damit FK für dieses Thema sensibilisiert sind, Widerstände ihrer Mitarbeitenden verstehen und thematisieren können und gute Abschiedsrituale entwickeln können.

Den Artikel gibt es auch zum Hören: https://open.spotify.com/episode/4HLBqd79MAfZHGJ6GRZUU8?si=b5be9c18769649d1

Dort werden auch spannende Abschiedsrituale beschrieben wie ein Eisfriedhof oder mit Papierschiffen Abschied von Projekten nehmen.