„Mitschwingen und Dazwischengehen“

Ein toller Titel für ein spannendes Buch von Mechtild Erpenbeck über gruppendynamische Prozesskompetenz, das zum eigenen reflektieren der supervisorischen Arbeit einlädt und gleichzeitig einige neue Impulse mit auf den Weg gibt.

Gruppendynamische Prozesse begleiten mich als Supervisorin tagtäglich – als Außenstehende mögen sich einige fragen, warum das Verständnis von gruppendynamischen Prozessen und dessen Analyse in Supervision und Coaching so wichtig. Reicht es nicht aus, das Gesprochene zu nehmen?

Der Schlüssel in der supervisorischen Arbeit mit Gruppen und Teams ist es, „zwischen den Zeilen“ zu lesen und zu beobachten – mit einer gleichschwebenden Aufmerksamkeit im Prozess dabei zu sein und mit einem guten Gewissen das auf sich wirken zu lassen, was passiert.

Wir müssen immer aufmerksam sein, und zwar nicht nur für das Gesagte, sondern insbesondere für das, was auf der Hinterbühne passiert: wie wird interagiert, was wird nicht gesagt, wie gehen die Supervisanden in Beziehung? Und dabei müssen wir alle im Blick behalten.

Mechthild Erpenbeck schreibt „Die Kunst ist es also, den Blick vom Unmittelbaren zu lösen, davon abzusehen, jeden Gesprächsbeitrag verstehen und einordnen zu wollen, jede Bewegung zu registrieren. Es gilt, den Blick von den konkreten Details auf die sie ordnende Komposition umzufokussieren.“ (S. 38). Mit diesem entspannten Blick können die nächsten Interventionen entwickelt werden.
Das Aushalten können, dass wir nicht sofort alles verstehen, was in einem Team oder eine Gruppe passiert – das kann anstrengend sein. Dann heißt es: in der Reflexion Hypothesen bilden und damit in den nächsten Supervisionsprozess gehen.

Das Buch gibt viele Einblicke in hilfreiche Methoden- und Diagnosemodelle, die einige sicherlich bereits kennen – ich finde es immer hilfreich, auch noch einmal eine Erinnerung an diese Modelle zu haben und während des Lesens eigene Supervisionsprozesse mit einer anderen Brille mitzudenken. Und sich dabei bewusst werden, welche wunderbare und wertvolle Arbeit wir als SupervisorInnen leisten, wenn wir unsere Supervisanden begleiten.